Jetzt ist uns doch tatsächlich der Spülhebel von der Toilette abgebrochen - zugegebenermaßen, nachdem die Spülung schon länger so ihre Zicken hatte. Insofern war also die totale Improvisation nötig und der Spülpümpel im Spülkasten mußte von Hand bedient werden.
Nun, ich bin ja die Tochter eines Ingenieurs und das kann man ja so nicht auf sich beruhen lassen.
Insofern habe ich also in meiner Arbeit rumgefragt. Einer meiner Kollegen war dann tatsächlich der Sohn eines Sanitär-Installateurs und der riet mir dann, dass man mein Ersatzteil (den abgebrochenen Spülhebel) ja im Baumarkt kaufen könnte - bevorzugt bei Rona.
Rona? Aha, naja, ich hatte ja da eigentlich eher an Home-Depot oder so gedacht, aber wenn er meint.
“Du solltest mal im Internet nachgucken, wo es einen gibt”, rät mir mein Kollege noch und natürlich hatte ich mir das dann auch schon überlegt.
Auf dem Weg nach Hause gehe ich dann einen anderen Weg als üblich, weil ich noch etwas besorgen wollte und plötzlich springen mir - 200 m von meinem Arbeitgeber entfernt - 4 Lettern in die Augen: RONA.
Wirklich? Das Schild an einem verlassenen Industriegebäude weißt auf einen Parkplatz.
Ich gehe um die Ecke und suche den Eingang: geöffnet bis 18:00 Uhr - es ist 17:45.
Ich betrete den Laden und unterbreche die Verkäuferin beim Gespräch mit einem Kollegen. “Sprechen Sie Englisch?” - Was für eine Frage? Klar, dass hier jeder, der langfristig in Montreal im Einzelhandel tätig ist, auch Englisch spricht. Insofern ist die Frage dann eher eine Entschuldigung, dass ich nicht französisch sprechen kann.
“Ich brauche einen Spülhebel für eine Toilette.”
Der Mann führt mich in die erste Reihe “Schwarz oder weiß?” - “Was ist der Unterschied?” - “Schwarz ist 40 cent teurer”.
Ich nehme den weißen Hebel, zahle weniger als 4 Can$ und freue mich wie ein Schnitzel, was ich übrigens schon ganz lange nicht mehr gegessen habe.
Auf dem Weg nach Hause, finde ich dann auch alles andere, was ich brauche und installiere daheim den Hebel in unserem Bad.
Problem gelöst. Also zumindest Problem Nr. 1.
Problem Nummer 2 schliesst sich gleich darauf an in Form eines geringen Ameisenbefalls der Küche.
Dummerweise ist die Bauweise hier nicht unbedingt super und da sich das Küchenfenster quasi direkt über (oder zumindest in der Nähe von) den Mülltonnen befindet, krabbeln die kleinen fleißigen Insekten durch alle Mauereinschlüsse/-sprünge und unterhalb des Fensterrahmens hindurch, direkt in unsere Küche.
Nun, nachdem sich die Hausmittel wie Backpulver (unbedingt Hirschhornsalz verwenden!) und Zitronen nur als sehr kurzfristig wirksam erwiesen, wurde Silicon-Kit gekauft, und das Fenster professionell versiegelt. Diese Tätigkeit wurde dann im Übrigen nicht den Frauenhänden überlassen, denn wenn man einen Mann im Haus hat, muss einem der ja zeigen, wo der Hammer hängt bzw. wie man denn auch absolut fachgerecht ein Fenster verkittet. Wie auch immer, das Fenster ist jetzt mehr oder weniger dicht und die Ameisen treten nur noch vereinzelt auf. Von einer Ausrottung wurde abgesehen, denn auch Ameisen wollen ja eigentlich nur leben und können ja nichts dafür, wenn Menschen in so baufälligen, heruntergekommenen Häusern wohnen und auch noch ihr Essen überall rumliegen lassen.
Was das “Baufällige” angeht, so muss man Montreal hier zugestehen, dass die Temperaturen und die Temperaturwechsel hier sehr extrem sind. In der einen Woche friert man und in der nächste hat es 25°C und man schwitzt. Der Regen kommt, wann er will und ansonsten hat es wohl 5 Monate Winter mit Schnee, 5 Monate hitzigen Sommer und ein paar Übergangswochen, in denen es bevorzugt regnet. Dementsprechend ist die ganze Bausubstanz ziemlich mitgenommen - inklusive der Strassen, auf denen man mit dem Fahrrad dem neuen Sport “Schlagloch-Slalom” ausüben kann. Wenn die Strasse dann aber doch von zu vielen Schlaglöchern gebeutelt wurde, wird einfach ein Pylon (ein orange-gestreifter Verkehrsleitkegel) direkt in das Schlagloch gestellt, damit die Autofahrer dann zumindest sehen, dass sie da nicht hineinfahren sollen.
Problem erkannt - Problem gebannt.
Liebe Grüße in die Heimat,
Eure Alex