Die besten Dinge im Leben sind umsonst.
Und in Montreal, einer der ärmeren Städte in Kanada (was natürlich immer noch sehr reich im Verhältnis zu andernorts ist), sind sogar viele kulturellen Ereignisse kostenlos.
Die Stadtbüchereien sind ja sowieso kostenlos - der Zugang zu Büchern also unbeschränkt, aber hier kann man auch noch kostenlos ins Schwimmbad (zu bestimmten Zeiten) und es gibt von Zeit zu Zeit kostenlose Konzerte, bei denen einige der unzähligen Künstler der Stadt, ihr Können präsentieren.
Montreal ist eine Kulturstadt, die Festivals im Sommer sind wohl weltbekannt, aber im Vergleich zu z.B. British Columbia gibt es hier auch unzählige Musiker, Tänzer und sonstige Künstler.
Und das Leben ist… billig. Es ist billig, wenn es sein muss. Es ist billig, um all die Künstler auch überleben zu lassen.
Hierzu gibt es dann aber auch schon die prefekten Netzwerke/Einrichtungen. Auf Bowen Island hatte ich ja in einem Second-Hand Laden gearbeitet, wo man Dinge, die man nicht mehr haben möchte einfach abgegeben kann und dann für ein paar Dollar neue Dinge kaufen kann, wenn man sie braucht. In Montreal gibt es dies auch und zwar in großem Maßstab.
Neben der “Salvation Army” gibt es auch noch den “Value”-Markt, wo die Reichen ihre Dinge abladen (und zwar ALLES, was man nicht in den Müll wirft) und die Armen sie dann wieder für ein paar obligatorische Dollars wieder kaufen.
Und so steht vor einem solchen Laden dann die Luxuskarrosse neben dem Schrottauto und der Besitzer des besseren Autos “verschenkt” seine Sachen an den Besitzer des Schrottautos (also wenn man hier in Anbetracht der immensen Autoversicherungskosten überhaupt ein Auto hat).
Wenn man sich dann allerdings fragt, wer von beiden, denn nun der glücklichere Mensch ist, ist die offensichtliche Antwort: “Der Reiche” nur auf den ersten Blick so eindeutig.
Der Reiche hat sein Auto, sein teures Leben und viel zu viele Dinge, die er loswerden muss, weil er schon wieder zuviele neue Dinge gekauft hat bzw. er die neusten Dinge haben muss. Er geht in den Second-Hand-Store, weil er die Sachen nicht in seinen Hausmüll werfen darf und damit auch ein bißchen sein Gewissen erleichtern möchte, etwas gutes für die armen Menschen getan zu haben.
Der Arme hingegen geht in den Second-Hand-Store, weil er wirklich etwas braucht (Jacke, Hose, Schuhe, Teller) oder sich eben etwas “Luxus” leisten möchte. Er hat eventuell nicht mal genug Geld, um sich bei Walmart für ein paar duzend Dollar die Dinge zu kaufen. Er BRAUCHT Dinge, weil er keine hat. Und wenn er dann im Laden über die “weggeworfenen” Dinge des Reichen stolpert und sich dann für 10$ Schuhe kauft, die wohl im Laden vor einem Jahr mal 150$ gekostet haben, aber die noch wirklich gut sind, der Reiche sie aber nie angezogen hat, weil er zuviele sowieso schon zuviele Schuhe im Schrank hatte, dann… genau dann freut sich der Arme, dass er ein Schnäppchen gemacht hat und dass die Welt so gut zu ihm ist und ihm auch ein paar wirklich gute Schuhe zukommen läßt, die er sich leisten kann.
Alles in Allem sind dann wohl beide, der Arme und der Reiche glücklich, wobei der Arme wohl oft noch einen Tick “glücklicher” ist, was einfach oft daran liegt, dass er weniger Stress in seinem Leben hat und mehr Zeit, um die Gefühle überhaupt erlauben/genießen zu können.
Wenn man genug Geld hat, um sich alles zu kaufen, ist das Besondere nur schwer zu erreichen. Wenn man nicht genug Geld hat, ist es leichter das Besondere zu erleben.
Und wie gesagt: Die größten Freuden im Leben sind eben nicht für Geld zu haben… und wenn es das dankbare Lächeln ist, dass der Arme dem Reichen zuwirft, wenn er dessen Sachen vom Second-Hand-Shop mit nach Hause nimmt.
Hier geht man respektvoll miteinander um, weil man nicht gleich ist. Danke, Montreal.
Liebe Grüße, Eure Alex